11 Apr Wo wird Terminologie gebraucht?
In welchen Bereichen wird in der Kommunikation Terminologie gebraucht? Wo betreibt man aktiv Terminologiearbeit? Hier kommt eine kleine Liste. Terminologie nutzen wir in …
- Fachpublikationen
- Glossaren
- Lehre
- Leitfäden
- Marketing
- Namensgebung
- Nomenklatur
- Übersetzung
Fachpublikationen
Keine Fachpublikation läuft ohne Terminologiearbeit. In der Regel verlangen die Publikationsorgane eine klare, konsistente Verwendung der Fachausdrücke. Spätestens der Proofreader korrigiert eine uneinheitliche Terminologie oder gar fehlerhafte Nomenklatur. Sich noch vor dem Einreichen der Arbeit aktiv mit der Terminologie auseinanderzusetzen, hat aber in jedem Fall Vorteile. Beiträge mit einheitlicher Terminologie lesen sich leichter, die Inhalte werden schneller verstanden.
Terminologiearbeit wird daher gebraucht, um schneller zu publizieren und die Reichweite zu erhöhen.
Glossare
In Abkürzungsverzeichnisse, Glossare, Register, Produktdatenbanken oder andere Listen mit Verweisen fließt Terminologiearbeit ein. Das liegt daran, dass meistens mehrere Schreibvarianten für einen Begriff existieren. Schreibt man COVID oder Covid? DNS oder DNA? Calciumcarbonat oder Kalziumkarbonat? ESI/MS oder ESI-MS? Photosynthese oder Fotosynthese? Ist metallorganische Chemie das Gleiche wie Organometallchemie? Rasterkraftmikroskopie oder AFM?
Bei jeder Liste mit Fachbegriffen tauchen diese Fragen auf. Es ist hilfreich, die Antworten darauf in einer Datenbank zu hinterlegen. Dieser Vorgang ist aktive Terminologiearbeit.
Lehre
Wer Schülern Naturwissenschaften vermittelt, verwendet dafür ein anderes Vokabular als in der Universität. Uneinheitliche Fachausdrücke können Lernende verwirren und frustrieren. Warum sich hier nicht eine ausführliche Terminologiedatenbank für den Unterricht erstellen?
Eine solche Terminologiedatenbank enthält sämtliche Fachbegriffe, die im Unterricht benötigt werden. Eingetragen sind auch Synonyme, Schreibvarianten und Abkürzungen. Damit beantwortet diese Datenbak quasi von alleine Nachfragen von Schülerinnen, die nachgooglen, ob van-der-Waals-Kräfte das Gleiche wie London-Kräfte sind. Die Datenbank kann unterrichtsbezogen Zusammenhänge aufzeigen und helfen, Rätsel von verschiedenen Schreibweisen zu lösen.
Eine Terminologiedatenbank zu erstellen und zu pflegen, die die Begriffe aus dem Unterricht enthält, erspart Recherchezeit für Lehrende und Lernende.
Leitfäden
Wie stellen sich Unternehmen oder Organisationen nach außen hin dar? In welcher fachlichen Tiefe stellen wir unsere Forschung dar? Wie lauten die korrekten Bezeichnungen für die organisatorischen Einheiten? Ein einheitliches Sprachprofil verbessert das Bild eines Unternehmens oder einer Organisation in der Öffentlichkeit.
Das betrifft ebenfalls die geschlechtersensible Sprache – das Gendern -, aber es gibt noch viele weitere Bereiche. Leitfäden enthalten die entsprechenden Sprachregelungen. Man kann sie auch als Corporate Language bezeichnen. Die Corporate Language eines Unternehmens oder einer Organisation beruht auf Terminologiearbeit.
Leitfäden geben Auskunft über die Funktionsbezeichnungen der Mitarbeitenden, die organisationsinterne Sprachregelung für wertschätzende Kommunikation, die Schreibweisen für Namen, Bindestrichverwendung, Verwendung englischer Begriffe, etc.
Das Einfachste ist es, wenn hinter einem solchen Leitfaden eine Terminologiedatenbank steht. Dort enthalten sind alle Begriffe der Corporate Language mitsamt der möglichen Schreibvarianten und Synonyme. Sie enthält auch die Angabe, welcher Ausdruck in welcher Variante verboten, erlaubt oder bevorzugt ist.
Leitfäden sind für die Kommunikation eines Unternehmens oder einer Organisation eine große Hilfe. Die Grundlage für solche Leitfäden schafft jedoch Terminologiearbeit.
Marketing – Produktnamen finden
Zum Marketing gehört das Finden von guten, eingängigen Produkt- und Handelsnamen. Hierfür wird Terminologie gebraucht.
Die Namensfindung ist in der Regel ein gemeinschaftliches Werk von Forschung, Entwicklung, Marketing, Geschäftsführung und Rechtsabteilung.
Dabei sind pharmazeutische Produkte ein spezieller Fall, denn die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die EU-Arzneimittelbehörde EMA haben ein entscheidendes Wort mitzusprechen. Medikamente erhalten in der Regel einen Handels- und einen Wirkstoffnamen. Während beim Handelsnamen größere Freiheiten herrschen, sind beim Wirkstoffnamen viele regulatorische Vorgaben zu erfüllen. Wirkstoffnamen sind generische Namen.
Generische Namen
So soll der generische Name weltweit einheitlich und vor allem verwechslungsfrei sein. Die Entwicklerinnen müssen sich dabei nach dem internationalen Freinamenssystem (INN, international nopriority name) der WHO richten. Bei generischen Namen zeigen Suffixe die Wirkstoffklasse an: Wirkstoffe mit der Endung -mab sind monoklonale Antikörper und Wirkstoffe mit der Endung -cillin sind Penicilline. Es gibt auch Insilben wie -os- für Knochen oder -vi- für viral.
Handelsnamen
Handelsnamen dürfen nicht falsche Versprechungen machen und müssen sich von bereits existierenden Produktnamen unterscheiden. Die letzte Instanz ist ein Komitee der EMA, das diese Kriterien beurteilt. Produktentwicklung, Marketing, Geschäftsführung, Rechtsabteilung und Terminologinnen kommen gemeinsam zu einem Namen, um das Produkt zu vermarkten, und legen ihn der EMA zur Beurteilung vor.
Namensgebung in der Wissenschaft – auch hier wird Terminologie gebraucht
Die Namensfindung in der Wissenschaft betrifft vieles, darunter neue Techniken, Methoden oder wissenschaftliche Theorien. Oft existieren mehrere Namen oder Schreibweisen nebeneinander. Manchmal dauert es Jahre oder Jahrzehnte, bis sich allmählich eine Variante durchsetzt. Um Verwirrung zu vermeiden, wäre hier gute Terminologiearbeit sinnvoll.
Nach Personen
Chemische Reaktionen, physikalische Effekte und biochemische Vorgänge tragen ihren Namen häufig nach dem Entdecker. Häufig gibt es jedoch mehrere Personen, die an der Entdeckung beteiligt waren. Trägt die Erfindung dann Doppelt-, Dreifach- oder gar Vierfachnamen, lässt sie sich schlecht merken.
Gibt es Nobelpreisträger in der Namensgebung, so setzen diese sich durch. So lief der Calvin-Zyklus, die Dunkelreaktion in der Fotosynthese zum Aufbau von Kohlenhydraten, ursprünglich unter dem Namen aller drei Entdecker: Calvin-Benson-Bassham-Zyklus. Auch wenn Lexika diesen langen Namen zumeist im entsprechenden Eintrag mitnennen, hat sich doch die Form mit nur einem Personennamen, nämlich mit der des Nobelpreisträgers von 1960 (Calvin), im kollektiven Gedächtnis durchgesetzt: Calvin-Zyklus.
Ähnlich verhält es sich mit der Suzuki-Kupplung. Entdeckt haben die Palladium-katalysierte Kreuzkuppupplung Akira Suzuki und Norio Miyaura, aber den Nobelpreis erhielt nur Suzuki (2010). Noch behalten viele Arbeitsgruppen den Namen Suzuki–Miyaura reaction bei. Wie lange noch?
Erhielten beide Entdecker einer Reaktion den Nobelpreis, wie im Fall der Diels-Alder-Reaktion zur Erzeugung eines Cyclohexens aus einem Dien und einem Ethylenderivats, blieben jedoch beide Namen für die Namensreaktion, Otto Diels und Kurt Alder (Nobelpreis 1950) bestehen.
Nach Substanzen
Wenn man den Personenkult vermeiden will, kann es noch komplizierter werden. So entdeckten den vollständigen biochemischen Kreislauf, in dem ein Organismus durch Auf- und Abbau von Zitronensäure Energie gewinnt, der spätere Nobelpreisträger für Medizin oder Physiologie (1953) Hans Adolf Krebs und sein Mitarbeiter William Arthur Johnson.
Neben Krebs-Zyklus, also dem Namen mit dem Nobelpreisträger, stehen als weitere Namen C(Z)itratzyklus, C(Z)itronensäurezyklus, Tricarbonsäurezyklus. Im englischen Sprachraum scheint TCA cycle leicht bevorzugt zu sein (auch wenn der Eintrag bei Wikipedia unter Citric acid cycle steht), im Deutschen – würde ich zumindest aus der Erfahrung sagen – Citronensäurezyklus.
Es wäre wahrscheinlich einfacher, verbindliche Benennungen zu finden, wenn sich die Menschen stärker bewusst wären, dass auch für wissenschaftliche Erkenntnisse Terminologiearbeit gebraucht wird.
Abgeleitete Namen
Ein Beispiel für aktive Terminologiearbeit in der Wissenschaft ist die Namensgebung für Methodiken. Zum Beispiel Western-Blots: Das sind Abdrücke von gelchromatographischen Auftrennungen von Proteinen auf eine Membran, die mit Antikörpern angefärbt wird. Der Name stammt von der Southern-Blot-Technik, die Edwin Southern im Jahr 1975 eingeführt hatte. Inzwischen gibt es auch Northern-Blots und Southwestern-Blots. Jedoch noch nicht offiziell Eastern-Blots.
Ein Beispiel für eher generische Methodik-Benennungen ist der Name für die Anfang der 2010er entdeckte bakterielle „Genschere“ CRISPR/Cas. Wie klingt das, wie sieht das aus? Tatsächlich ist diese Buchstabenkombination so umständlich, dass Kommunikatoren meistens die eingängigere Bezeichnung angehängen: Genschere.
Auch bei wissenschaftlichen Erfindungen wird zur Benennung also Terminologiearbeit gebraucht.
Terminologie wird für chemische Nomenklatur gebraucht
Eine neue Substanz entsprechend der Nomenklatur mit einem chemischen Namen zu versehen, ist für Chemiker selbstverständlich. Die Namensgebung läuft häufig automatisiert. Programme wie Lexichem und andere analysieren die Struktur der neuen Substanz und vergeben entsprechend der IUPAC-Regeln den korrekten, eindeutig zugeordneten Namen.
Ist der IUPAC-Name für eine neue Substanz gefunden, erweist er sich für die Alltagskommunikation in der Regel als zu lang und unhandlich. Gerade bei nützlichen Verbindungen, die methodisch gebraucht werden wie Liganden oder Katalysatoren sind Bezeichnungen sinnvoll, die gut klingen und sich gut merken lassen. Wer einen solchen Namen oder eine passende Kurzform findet, leistet Terminologiearbeit.
Übersetzungen
Terminologiearbeit ist ein wesentlicher Bestandteil bei Übersetzungen in eine andere Sprache. Die leistet in der Regel die Person, die die Übersetzung anfertigt.
Welcher Fachausdruck eignet sich am besten in der anderen Sprache für den in der Ausgangsprache genannten Begriff? Das steht natürlich in Wörterbüchern. Aber nicht für alle Fälle.
So helfen Wörterbücher kaum weiter, wenn es sich um einen neuen Begriff handelt. Dann ist es Sache der Übersetzerin, eine adäquate Benennung in der Zielsprache zu finden.
Der zweite Fall betrifft die stilistischen oder anderen Vorgaben im Ausgangstext, zum Beispiel das Beibehalten einer Corporate Language.
In beiden Fällen sind Terminologiedatenbanken sehr hilfreich.
Terminologiedatenbanken für die Übersetzung enthalten eine Begriffs- eine Sprach- und eine Benennungsebene. Die übersetzende Person geht nach dem Begriff und sucht sich die Benennung heraus, die in der Zielsprache zu diesem Begriff passt.
Neue Begriffe und Benennungen trägt sie in diese Datenbank ein, damit andere Übersetzungsprojekte nicht wieder von vorne anfangen müssen. Andererseits sind in Terminologiedatenbanken für die Übersetzung auch Eintragungen zum Gebrauch der Benennungen gemacht, wie etwa zur Corporate Language.
Für Übersetzungen wird also immer Terminologie gebraucht, sowohl im Vorfeld, also im Ausgangstext, als auch bei der Übersetzung selbst.